Bericht Tout de Tirol 2002

Vorwort
(jük) Zur zweiten Biker- und Wandertour rund um das Kaisergebirge in Tirol-Österreich wurden am 30 Juli 2002 in den Räumen der Fa. Renault Hautz die Weichen gestellt. Stephan Knapp, Gerhard Hautz, Bruno Girardi, Eric Kolling, Franz Risch und Jürgen Knapp trafen sich um den Termin und die Organisation der Radtour 2002 zu besprechen. Viel Kartenmaterial wurde gewälzt und viele Pläne wurden für das Unterfangen geschmiedet. Wobei es sich nochmals zeigte, dass Planung und Realität oftmals nicht unbedingt übereinstimmen müssen. Aber dazu später. Eines allerdings stand für alle von Anfang an fest. Wer sich dumm anstellt, bekommt schon morgens vor jeder Tagestour die berühmt berüchtigte Krokohupe ans Rad gezimmert. Niemand konnte allerdings zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass Eric wohl in weiser Voraussicht des Öfteren der Träger zu sein, das für ihn so ungeliebte Quietschetier bereits unwiederbringlich ins Jenseits befördert hatte. Nur langsam und bruchstückweise beichtete er seinen Mitstreitern das Unglaubliche. Doch Ersatz war schnell gefunden. Wiederum war es Uli Faber, der hierfür sorgte. Zum 40. Geburtstag schenkte er Jürgen eine Hupe in Form einer Schildkröte. Diese konnte ohne Qualitätsverlust die in so niederträchtige Weise entsorgte Krokohupe ersetzen. Also, alles war wieder im Butter und die Vorbereitungen abgeschlossen. Das Unternehmen Tour-Tirol 2002 konnte starten.

Erster Tag: Isaac Newten lässt grüßen
Nach der Ankunft und der herzlichen Begrüßung in der Pension Hautz wollte das Team den Tag nicht ohne die erste Erkundungsfahrt verstreichen lassen. Also hieß es, die Lager einräumen, kurze Verschnaufpause einlegen und sich zum vereinbarten Zeitpunkt zur Aufwärmtour ins Kaiserbachtal auf dem Parkplatz vor der Pension treffen. Alle außer Jürgen waren da. Dieser schlummerte zur Abfahrtszeit noch selig in seinem Bett. Die Frage, wer denn zum Auftakt die Hupe am Lenker tragen durfte war somit auch schon entschieden. Ein abgekadertes Spiel? Nach seiner Meinung hatte der vereinbarte Weckdienst bewusst nicht funktioniert. Bei strahlendem Sonnenschein machte man sich auf den Weg in Richtung Griesbach um dort ins wunderschöne Kaiserbachtal einzubiegen. Auf dem Wanderweg entlang des Kaisertalbach schraubte sich sie Gruppe zunächst leicht ansteigend nach oben. Ziel sollte an diesem Tag das Erreichen der Griesbachalm sein, von der man einen eindrucksvollen Einblick in die „Steinerne Rinne“ des Wilden Kaisers erhaschen kann. Eine schweißtreibende und auch anstrengende Sache. Denn das letzte Stück Weg schlängelt sich steil nach oben. Franz und Stephan bewiesen schon an diesem Tag dass sie sich wohl im Vorfeld gut vorbereitet hatten. Nur mit stark erhöhter Pulsfrequenz und keuchendem Atem konnte ihnen die restliche Gruppe folgen. Aber alle schafften es. Ein gutes Zeichen. Die bevorstehende Abfahrt sollte dann allerdings für die vorherigen Strapazen entschädigen. Über die Asphaltstraße fuhren wir talabwärts.
Dass die Beschleunigung eines Körpers mit der Masse des gleichen in kausalem Zusammenhang steht, wurde an diesem Tag wiederum eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Denn auf der Abfahrt war der „Körper“ Gerhard nicht einzuholen. Trotz größter Anstrengungen der restlichen Gruppe die Sitzpositionen den aerodynamischen Gesetzmäßigkeiten anzupassen zischten Gerhard zufrieden grinsend an allen vorbei. Nur Fliegen ist wohl schöner. Mit einer Geschwindigkeit (unbewiesen und von allen in Frage gestellt) von 74,558 km/h fegte er talabwärts. Dann in der schon weitaus flacheren Auslaufzone ein jähes Ende des Rekordversuchs. Das Material seines Hinterreifens war wohl für solche Belastungen nicht ausgelegt. Die erste Reparatur mit dem Austausch des defekten Schlauches war notwendig geworden und Jürgen konnte zunächst das Krötentier an Gerhard übergeben.

Zweiter Tag. Do hinne wärts heller
Schon am Vorabend ließ die Wettervorhersage nichts gutes ahnen. Und ausnahmsweise hatten die Wetterfrösche dieses mal recht. Trübes regnerisches Wetter verhüllte die Berge in ein tiefes grau. So stand am Morgen nur eine Einkaufsfahrt in St. Johann an, bei der Ausrüstung und Verpflegung für die anstehende Woche noch komplettiert wurde. Von besserem Wetter war leider nichts zu sehen. Allerdings nur in der Pension hocken war auch nicht angesagt.
Also gab Franz irgendwann  den Startschuss. „Do hinne wärts heller „ Außer Bruno der wohl das Unheil ahnte, ließen sich alle anderen Teammitglieder überreden, die berüchtigte Kössentour auch bei diesem Wetter anzugehen. Mit Regenausrüstung und bei Nieselregen startete die Gruppe um Franz in Richtung Kössen. Und wirklich- der Nieselregen hörte nach der Hälfte der Strecke auf. Danach schüttete es wie aus Eimern. Auch die beste Regenausstattung hielt nicht Stand und alle waren innerhalb von wenigen Minuten bis auf die Knochen nass. Eigentlich hatte man an diesem Tag mit den Bikes die falschen Fahrzeuge gewählt. Kanus wären weitaus besser gewesen. Die Stimmung war auf unterstem Level. Jeder wollte nur so schnell wie möglich zur Pension zurück. Über den kürzesten Rückweg gab es allerdings unterschiedliche Meinungen. Nach eingehender Diskussion (ohne Einigung) fuhr Gerhard und Jürgen über die Landstraße in Richtung Gasteig. Stephan und Eric glaubten eher Franz, der behauptete einen besseren und schnelleren Weg zu kennen. Dies war unumstritten die zweite gravierende Fehlentscheidung von Franz an diesem- und wohl nicht seinem Tag. Erst ein türkischer Besitzer eines Dönerladens in St. Johann führte die „Ausreißergruppe“ nach einer halbstündigen Irrfahrt wieder auf den rechten Weg. Trotz dieses Missgeschickes  keiner Schuld bewusst, räumte Franz nach der verspäteten Ankunft nur sehr zögerlich den Platz am Lenker um die Krötenhupe für den nächsten Tag feierlich zu montieren.

Dritter Tag: Der Querschläger
Schon beim ersten Augenaufschlagen gute Stimmung. Die dicken Regenwolken des Vortag waren einem blauen Himmel gewichen. Also beste Vorraussetzungen für die anstehende Tour. Doch der Tag sollte nicht nur eine wunderschöne Fahrt mit sich bringen, sondern auch erstmals mehrere Anwärter auf die ungeliebte Hupe. Schon vor der Abfahrt im Hof der Pension zeigte Stephan mit einem gekonnten Kunststück, wie er nach Turnermanier über den Lenker absteigen kann. Diese eindrucksvolle Einlage reichte dann allerdings in der Tages-Endabrechnung nur für den dritten Platz. Die Fahrt führte uns zunächst nach Waidring. Also genau dorthin, wo Eric im Vorjahr sein Pedal-Trauma erleben musste. Und auch in diesem Jahr schaffte er es nicht ohne folgeschweren Zwischenfall. Kurz vor dem berüchtigten Intersportladen in Waidring streifte Eric in Folge Unachtsamkeit (oder schon Erschöpfung?) den Rinnstein worauf Mensch und Maschine völlig unkontrolliert quer durch die gesamte Gruppe fegte. Während einige noch durch gewagte Manöver einen Sturz verhindern konnten, hatte Bruno keine Chance und musste ungewollt Bodenkontakt aufnehmen. Aber kurze Zeit später die Entwarnung. Keine Personenschäden. Allerdings musste wieder mal das Pedal von Erics Kettlergefährt Tribut zollen. Kaltverformung in Folge Gewalteinwirkung war der nüchterne Befund. Doch Glück hatten an diesem Morgen gleich zwei. Einmal Eric, der trotzdem weiterfahren konnte, und auch der Monteur des Intersportladens, der von einer Reparatur des Kolling`schen Hollandrades in diesem Jahr verschont blieb. Nach dem sich alle vom Schock erholt hatten, ging es mit der Seilbahn hoch zur Steinplatte. Oben angekommen, hatte Bruno wohl einige Akklimatisierungsprobleme. Auf die Frage von Franz was denn der Barometer anzeigen würde antwortete Bruno zur allgemeinen Überraschung: „1804 Meter“. Doch Bruno erholte sich schnell und so konnte die lange und wunderschöne Abfahrt über Möser- und Winkelmoosalm in Richtung Reit im Winkel beginnen. Das letzte Stück zum Parkplatz  dann eine Tauglichkeitsprüfung der Bremsen. Mit 18% Gefälle ging es sehr steil abwärts. Auf dem Rückweg dann wieder einmal Unstimmigkeiten über den richtigen Weg. Und wie so oft, entschied sich die Gruppe (nach Gerhards Vorschlag) nicht in die richtige Richtung nach Kössen- sondern zum Straubinger Haus zu fahren. Eine kräftezehrende Fehlentscheidung wie sich später herausstellte. Fast anderthalb Stunden quälten sich die SSV`ler steile Berge hoch ohne zu wissen, das man den falschen Weg eingeschlagen hatte. Erst ein Bergbauer und eine seiner Kühe zeigten uns „mit viel Körpereinsatz“ (vor allem der Kuh) den Ausstieg. Allerdings hatte der es in sich. Ein ausgewaschener und sehr steiler Schottersteig führte uns zurück ins Aachetal und somit nach Gasteig. Am Abend waren dann alle schwer geschafft. Die Hupenvergabe für den Folgetag viel schwer. Eric wegen seines Sturzes- oder Gerhard wegen er Fehlleitung im Gelände. Da wir Gerhard die Fehlentscheidung nicht eindeutig nachweisen konnten, einigte man sich auf Eric, der somit wieder einmal das Maskottchen am Lenker trage durfte.

Vierter Tag „Berg Heil“
Die anstrengende Tour des Vortages steckte allen noch in den Knochen. Trotzdem entschlossen sich Gerhard, Stephan und Jürgen auf Schusters Rappen die klassische Nord-Süd-Überquerung des „Wilden Kaisers“ vorzunehmen. Bruno und Eric lehnten dankend ab und unternahmen lieber eine gemütliche Radtour zwischen St. Johann und Oberndorf. Doch die Bergsteiger waren nicht abzuhalten und machten sich von der Griesbachalm auf den Weg. Die Tour sollte über den Jagersteig - Steinerne Rinne - Elmauer Tor – Jubiläumssteig – Gruttenhütte – zur Gaudeamushütte führen. Bei herrlichem Sonnenschein stieg die Gruppe ein. Eine Route die von allen konditionell und auch technisch einiges abverlangte. Franz legte noch einen drauf, und schleppte nicht nur seinen Rucksack, sondern auch noch eine Filmkamera mit um das gesamte Unterfangen in bewegten Bildern festzuhalten. Wer Einzelheiten dieser ausgiebigen Bergtour sehen möchte, kann sich gerne den auf DVD gebrannten Film anschauen.

Fünfter Tag: Der Flug zum Walchsee
Immer noch schien die Sonne aus einem azurblauen Himmel. Heute stand der Walchsee auf dem Tourprogramm. Nach eingehendem Studium des Kartenmaterials, ging es früh morgens los. Mit 10 km gab Franz nach dem Ausmessen und Berechnen des Kartenmaterials die Entfernung an. Aber irren ist franzlich, denn dort angekommen zeigte der Fahrradcomputer eine Strecke von 27 km an. Keiner konnte ahnen, dass Franz die Flugroute berechnete. Aber alle waren von der wunderschönen Strecke begeistert, die uns durch fast unberührte Natur im Tal zwischen Wildem- und Zahmen Kaiser führte. Beim Sonnenbaden am Badesteg des Walchsee wurden die Wunden der Vortage geleckt. Nur das Verspeisen eines Eisbechers unterbrach die Rückfahrt die ohne weitere Ereignisse verlief. Am Abend dann die Planung für den letzten Tag. Auf dem Programm stand die Runde um die Loferer und Leoganger Steinberge die mit ca. 65 km angegeben wurde.

Sechster Tag: Wurzel mit Folgen
Um den ersten Anstieg einzusparen wurde entschieden, von St. Johann bis Hochfilzen mit der guten alten Eisenbahn zu fahren. Eine gute Entscheidung, denn die anschließende leichte Abfahrt in Richtung Leongang war bei herrlichem Wetter ein wahrer Genuss. Mit einem lauten Knall wurde das Team dann rücksichtslos in die Wirklichkeit zurückgeholt. Gerhards Hinterreifen hatte sich verabschiedet. Nur der Austausch von Schlauch und Mantel versprach Erfolg. Diese wurden eiligst von Stephan und Jürgen aus dem nächsten Ort herangekarrt. Mit neuem Material und Werkzeug aus Bordmitteln konnte der Schaden behoben werden. Es sollte an diesem Tag allerdings nicht der letzte sein. Weiter ging die Fahrt auf gut ausgebauten Radwegen um das Steinbergmassiv. Dann allerdings „Ende der Ausbaustrecke“. Der Weg ging nun auf einem schmalen Schottersteig entlang einer Schlucht weiter. Schon fast das Ende in Sicht ereignete sich der nächste Zwischenfall. Beim Umfahren einer Wurzel rutschte Gerhard weg und stürzte. Gott sei Dank- kein Personenschaden. Allerdings hatte das Material erneut gelitten. Ein gewaltiger Achter im Hinterrad war auch von den erfahrenden Monteuren im Team nicht mehr zu beheben. Lediglich die Weiterfahrt bis zur Pension konnte mit nur noch der funktionierenden Vorderbremse und einem stark taumelnden Hinterrad sichergestellt werden. Bestimmt kein schöner Abschluss unserer Tour de Tirol 2002. Auf keinen Fall aber ein Grund die nächste Tour platzten zu lassen. Und so planen die SSV-Biker schon kräftig für 2003.

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